Richtigstellung der Informationen zur "Geschichte des "Diadems" von Besseringen" in der Begleitbroschüre zur Mundartkarte "Kaat von Dahämm - Landkreis Merzig-Wadern"
Mit Freude hat der Verein für Heimatkunde Merzig e.V. festgestellt, dass der goldene Halsreif von Besseringen, der auch einen Platz in unserem Vereinslogo hat, auf neu veröffentlichten Mundartkarte "Kaar von Dahämm - Landkreis Merzig-Wadern" zu sehen ist. Bedauerlicherweise sind die in der begleitenden Informationsbroschüre erwähnten Informationen zu diesem archäologisch regional und überregional bedeutenden Fund nicht korrekt bzw. entsprechen nicht dem aktuellen Stand der Forschung. Daher möchten wir hiermit die einzelnen Abschnitte richtigstellen.
„Erst im Herbst des Jahres 1863 wurde dann wahrscheinlich durch Zufall und vom Eigentümer des Wingerts selbst ein keltischer Grabhügel auf dem Müllerküppchen entdeckt. Der Winzer wandte sich mit seiner Entdeckung unmittelbar an den Industriellen Eugen von Boch aus Mettlach ...“
Eugen von Boch wurde nicht persönlich vom Finder informiert.
Der Winzer Michael Brausch wandte sich mit der Entdeckung nicht direkt an Eugen von Boch. Sein damals 22 Jahre alter Schwiegersohn Johann Willems, der in der Keramikfabrik Mettlach arbeitete, verbreitete die Nachricht weiter bis Herr von Boch davon erfuhr. Erst seine Grabung hat eine Bestattung, vermutlich in einem Grabhügel, bestätigt.
„Im Mittelpunkt der Entdeckungen stand ein goldenes Diadem mit einem Durchmesser von 21,5 Zentimetern Anhand der charakteristischen Schmuckelementen und Verzierungen konnte dieser Haarreif der frühkeltischen Kultur des 5. Jahrhundert v. Chr. zugeordnet werden“
Es handelt sich nicht um ein Diadem, sondern um einen Halsreif.
Zur Fundzeit wurde das goldene Schmuckstück als Diadem angesehen, was damit begründet wurde, dass die Vögel als Halsreif „auf dem Kopf" stehen würden. Es ist aber ein typisches Merkmal für die Kunst dieser Zeit, dass die Darstellung auf den Träger gerichtet war um eine mögliche „magische Funktion" zu entfalten hatte. Der Träger war entscheidend, nicht der Betrachter. Außerdem ist der Durchmesser von 21,5 cm für ein Diadem zu groß.
„Bei der Besitzerin des Schmucks hatte es sich wahrscheinlich um eine adlige Priesterin gehandelt.“
Das Grab kann keinem Geschlecht zugeordnet werden, denn es fehlen geschlechtstypische Grabbeigaben. Zeitgenössisch wurde von der Bestattung einer weiblichen Person ausgegangen, da der Goldschmuck für ein Diadem gehalten wurde. Ein Halsreif ist in Gräbern dieser Zeit für gewöhnlich ein Frauenattribut, jedoch gibt es auch Belege für Männer mit Halsreifen. An einer Statue, die auf dem Glauberg/Hessen gefunden wurde, dem „Keltenführst vom Glauberg“, ist gut zu erkennen, dass Männer ebenfalls Schmuck trugen. Die Statue ist mit vergleichbarem Halsschmuck und einem Armreif am rechten Arm, einem Ring am rechten Ringfinger und mehreren Armreifen am linken Oberarm geschmückt.
Auch auf dem Glauberg/Hessen wurde ein, in der Darstellung mit Besseringen vergleichbarer, Halsreif in einem eindeutigen Männergrab gefunden, er hat sogar den gleichen Durchmesser von 21,5 cm.
„Eugen von Boch kaufte dem Weinbauern die bedeutenden Besseringer Funde ab und vermachte sie als Schenkung der prähistorischen Abteilung des Berliner Museums für Völkerkunde.“
Eugen von Boch kaufte den goldenen Halsreif dem Finder nicht ab.
Für den Schwiegersohn des Finders, Johann Willems, vermittelte der Landrat Constantin von Briesen den Verkauf des Halsringes an das Königliche Museum in Berlin, der im Dezember 1863 mit der Überweisung von 400 Talern abgeschlossen war (der reine Goldwert wurde mit 100 Talern bewertet). Dabei wurde, trotz Protesten aus Berlin, der tatsächliche Finder Michel Brausch übergangen. Eugen von Boch besaß lediglich die von ihm ausgegrabenen Bronzefunde (Schnabelkanne, Wagenteile), die er später nach Berlin sandte und dort mit dem Halsring vereinigte.
„...weil das goldene Diadem in den Wirren des Zweiten Weltkriegs vermutlich als Beutekunst für Deutschland verloren gegangen ist.“
Der Halsreif von Besseringen ist nicht verloren.
Er befindet sich als sowjetische Kriegsbeute seit 1945 im Moskauer Puschkin-Museum. Dorthin war er als Beutekunst aus Berlin verschleppt worden. Sein Verbleib war lange Zeit von der russischen Regierung geheim gehalten worden und wurde erst in den 1990er Jahren bekannt.
Im Rahmen der Sonderausstellung „Eisenzeit. Europa ohne Grenzen" in der Eremitage Sankt Petersburg und Staatlichen Historischen Museum am Roten Platz in Moskau, wurde in den Jahren 2020/2021 das Besseringer Grabinventar in russischem (Halsring und Schnabelkanne) und deutschem Besitz (Wagenteile) erstmalig nach Kriegsende zusammengeführt.
In der Vergangenheit fand bereits ein Austausch von "Beutekunst" mit Russland statt. Auch wenn es in der aktuellen Situation nicht realistisch erscheint, kann dies für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden.
Autor: Michael Osadczuk